Für viele Projekte, sei es nun eine Website oder ein Plakat, eine Broschüre oder auch nur das Icon einer App, benötigen wir Bildmaterial. Wenn seitens des Kunden keine Unterlagen zur Verfügung gestellt werden können, greifen wir meist auf so genannte Stock-Image-Portale zurück. Auf diesen Seiten kann aus tausenden von Fotos das passende Bildmaterial ausgesucht und anschließend gekauft werden. Die Qualität der Fotos ist meist auch sehr gut, so dass Designern hier ein wirklich brauchbares Hilfsmittel an die Hand gegeben wurde. Allerdings werden Stock-Images zu dem Zweck fotografiert, möglichst oft verkauft zu werden und wirken daher häufig sehr allgemein.
Trotz recht guter Voraussetzungen werden im Umgang mit Stock-Images jedoch unnötige Fehler gemacht, und so die Qualität des Endproduktes negativ beeinflusst. Worauf Ihr meiner Meinung nach achten solltet, möchte ich in diesem Artikel, anhand einiger Beispiele, erläutern.

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Die Trends kennen

Wie alle gestalterischen Bereiche unterliegen auch Stock-Images gewissen Trends. Damit meine ich, dass bestimmte Motive, Bildstile, Szenen etc. plötzlich sehr beliebt sind und somit auch häufiger eingesetzt werden.
Ein Motiv das bei Website A noch ein tolles Gestaltungsmerkmal war verliert dadurch zunehmend seinen individuellen Charakter. Im Extremfall sieht man sich daran sogar irgendwann satt. Die einst so tolle Idee kann nach einiger Zeit langweilig, ja sogar störend, wahrgenommen werden.

Ob ein häufig verwendetes Bildmotiv nun vom Betrachter positiv oder negativ aufgenommen wird, hängt natürlich sehr stark von der Zielgruppe ab. Hier möchte ich ein wenig sensibilisieren. Insbesondere wenn die Zielgruppe Designer und Agenturen umfasst, sollte jedes Stock-Image sorgfältig ausgewählt werden. Diese Personen arbeiten selbst häufig mit gekauften Bildern und kennen daher auch sehr viele Motive. Hier fällt es also besonders schnell auf, wenn ein Foto gekauft wurde. Bei der Gestaltung des eigenen Portfolios sollte also auf solche Bildquellen unbedingt verzichtet werden um mehr Individualität zu zeigen.

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Wenn Stock-Images für Kunden-Projekte eingesetzt werden, sieht die Angelegenheit natürlich etwas anders aus. Hier haben wir es mit einer völlig anderen Zielgruppe zu tun, die nicht unbedingt bemerkt, dass ein Stock-Image verwendet wurde. Dennoch sollte der Designer auch hier das eingekaufte Bildmaterial sorgfältig auswählen.

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Die folgenden Fotos und Screenshots zeigen ein aus meiner Sicht sehr negatives Beispiel. In allen Projekten wird das selbe Model verwendet, zwar in unterschiedlichen Situationen, aber dennoch klar zu erkennen. Das Problem ist dabei das einprägsame Erscheinungsbild des Mädchens. Augen, Mund und Haarfarbe sind sehr auffällig und werden leicht wiedererkannt. Wahrscheinlich ist das Model als Motiv aber auch gerade daher so populär.
Für mich verlieren, durch offensichtliche Stock-Images, Projekte sowohl an Qualität als auch an Glaubwürdigkeit. (Die letzten drei Fotos zeigen übrigens das gleiche Model.)

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stock-data-beckerstock-rewekrefeld-stock-imageStock-Images auf einem Plakat der Shadow-Arkaden in Düsseldorf
Stock Image auf der Website der Deutschen Bahn
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Stock Image einer Fahrschule

Den kulturellen Hintergrund nicht vergessen

Neben Trend-Motiven, die wie erwähnt den individuellen Charakter einer Arbeit gefährden können, solltet ihr bei der Auswahl von Stock-Images unbedingt auch den kulturellen Hintergrund der Zielgruppe beachten.
Insbesondere bei Immobilien-Websites fällt mir häufig auf, dass – für den deutschen Markt – völlig unpassende Bilder verwendet werden. Das liegt in erster Linie daran, dass viele Stock-Image-Portale mit amerikanischen Fotos gefüttert werden. In den USA werden Häuser aber anders gebaut (häufig in Leichtbauweise) und sehen dem entsprechend auch anders aus. Wenn ein solches, amerikanisch wirkendes Gebäude in einer Website verwendet wird, die Immobilien in Deutschland vermarkten soll, so entsteht kein realistischer Gesamteindruck. Es wirkt einfach gefaked – was es ja auch ist.

Den richtigen Einsatzort wählen

Zuletzt möchte ich noch auf einen Punkt zu sprechen kommen: den Einsatzort des Fotos.

Vor einiger Zeit bin ich über die Website eines bekannten deutschen Unternehmens gesurft und habe mir angeschaut wie hier die vakanten Stellen dargestellt werden. Hier gab es auch einen Bereich mit Fotos aus dem Berufsalltag. Auf fast jedem Foto grinsten mich wohlfrisierte Zahnpasta-Models an und ich habe mich gefragt wie ein Designer jemals auf die Idee kommen konnte, dass diese Fotos von einem potentiellen Bewerber als „echt“ wahrgenommen werden.

Grundsätzlich spricht ja überhaupt nichts gegen offensichtliche Werbe-Fotos die dazu gedacht sind, eine positive Atmosphäre zu erzeugen. Wenn aber damit geworben wird, dass die Fotos „das echte Leben“ zeigen, haben solche Stock-Image hier nichts verloren.
Und damit wäre ich auch schon wieder beim Beginn dieses Artikels. Denn wenn REWE mit einem, zweifelsfrei als Stock-Image zu identifizierenden Foto, einen zufriedenen Kunden darstellen möchte, bin ich der Meinung, dass hier etwas sorgfältiger hätte recherchiert werden können. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der aktuellen Social-Media-Landschaft die wahren Fans zum greifen nahe sind.

Artikelbild von komm-doch-mal-rueber.de

Geschrieben von Jonas

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Jonas ist Gründer der Agentur kulturbanause und des kulturbanause Blogs. Er arbeitet an der Schnittstelle zwischen UX/UI Design, Frontend und Redaktion und hat zahlreiche Fachbücher und Video-Trainings veröffentlicht. Jonas Hellwig ist regelmäßig als Sprecher auf Fachveranstaltungen anzutreffen und unterstützt mit Seminaren und Workshops Agenturen und Unternehmen bei der Planung, der Gestaltung und der technischen Umsetzung von Web-Projekten.

Jonas Hellwig bei Xing

Feedback & Ergänzungen – 9 Kommentare

  1. Die kennen wir doch …? « noctus.net
    schrieb am 08.09.2012 um 21:44 Uhr:

    […] in der Google-Bildersuche bin ich mittels „rewe werbung model“ auf diesen Artikel zur Verwendung von Stock-Bildern gestoßen, wo genau dieses Model exemplarisch für das angesprochene Thema ist. Neben allerlei […]

    Antworten
  2. Zeitkritik 8 « Gedankenspuren
    schrieb am 22.08.2012 um 15:58 Uhr:

    […] Referenz zum Blog-Beitrag über Stock-Fotos (Artikel) […]

    Antworten
  3. Patrick
    schrieb am 16.06.2011 um 16:51 Uhr:

    Hier noch ein schöner Link zu einem Beispiel: http://goo.gl/n7Q7V – Neue Bildersuche sei Dank! ;)

    Antworten
    • Jonas Hellwig
      schrieb am 16.06.2011 um 16:57 Uhr:

      @Patrick: Jau! Superklasse! =)

      Antworten
  4. Jens Bayer
    schrieb am 27.05.2011 um 16:18 Uhr:

    Ich sehe das noch etwas anders.

    Natürlich läuft man Gefahr das ein Stock-Model wiedererkannt wird. Dennoch bin ich tendenziell dafür lieber auf solches Material zurückzugreifen als Fotos von Mitarbeitern. In den Strukturen ändert sich zu häufig und zuviel etwas. Wo geht die Kommunikationsidee hin, wenn der Mitarbeiter plötzlich die Firma verlässt? Auf welche Diskussionen muss man sich im Nachfeld einlassen, wenn Selbiger nicht mehr länger möchte das er/sie auf der Firmenwebsite abgebildet wird? (Selbst wenn die rechtliche Lage vorher geklärt ist, kann es dennoch zu Schwierigkeiten kommen, die einfach nur Lästig sind und Zeit kosten)

    Inbesondere erlebt man leider auch sehr häufig die miserable Qualität dieser Fotos. Um beim Beispiel Webdesign zu bleiben: Hier rennen ja eine Menge Kollegen rum, welche der Meinung sind sie könnten fotografieren, nur weil sie eine Spiegelreflex ihr eigen nennen. Das ersetzt aber leider keine vollwertige Ausbildung zum Fotografen, ganz zu schweigen von der Erfahrung die ein solcher mit sich bringt. (Studio, Ausrüstung, etc.)

    Die Alternative lautet natürlich das man professionell Shooten lässt. Hier kann man im Vorfeld optimal planen und bekommt in den allermeisten Fällen auch ein perfektes, individuelles Wunschergebnis. Doch auch hier: Das Budget / Zeitfenster ist nicht bei jedem Projekt derart groß das man sich diesen Luxus leisten kann.

    Genau dort schliesst sich für mich der Kreis: Ich gebe lieber ein paar Euro für einwandfreies Stockmaterial aus, insbesondere bei Lowbudgetprojekten wo die Zielgruppe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einmal merkt das dieses in anderen Publikationen verwendung findet. (Thema: Werbeblindheit) Aus eigener Erfahrung kann ich sagen das gar nicht so leicht ist Mitarbeiter zu motiveren sich für eine Fotosession bereit zu erklären und letztlich dann auch keine professionellen Model sind. Hier ist das Missverständnis schnell vorprogrammiert und Kritik wird persönlich genommen. „Nein, Du jetzt bitte nicht – Du passt gerade nicht ins Bild.“ ;)

    Antworten
  5. hans_hansen
    schrieb am 26.05.2011 um 18:06 Uhr:

    wenn ich ein stock-bild auch nur in einen entwurf einbaue wird mein chef schon rot am hals … wir shooten alles selber. naja zu 99,5%.

    Antworten
  6. Flowsen
    schrieb am 26.05.2011 um 13:40 Uhr:

    Ich glaube ich werde Stock-Model! Bei jedem Kauf gehen doch auch gewiss Modellizenzen ab… und so oft wie das Model in deinem Beitrag verwendet wird (ich sehe sie übrigens auch überall) muss sich das doch echt lohnen!

    Es muss aber ein Grund haben, warum gewisse Bilder einfach häufiger verwendet werden als andere. Ist es die gezeigte Situation? Das Motiv? Oder einfach die Tatsache, dass man guckt was andere machen, weils ja nicht verkehrt ist?

    Finde den Artikel gut, weil er mir ein wenig aus der Seele spricht. Trotzdem würde ich dem Designer alleine nicht die schuld dafür geben, man weiß im Zweifel ja nicht unter welchen Umständen das Bild benutzt wurde. Es kann auch eine Vorgabe des Kunden gewesen sein, nach dem Motto: „das habe ich bei xyz auch gesehen, der ist erfolgreich, also nehmen wir das auch!“

    Ich kenne zwar keine Statistik, weil ich auch nicht glaube das Leute auf der Straße darüber befragt werden, aber möglicherweise sind das nunmal auch Motive die die Leute sehen wollen. Vielleicht ist das dem „Zivislisten“ aber einfach auch egal ob er ein bestimmtes Model an 100 unterschiedlichen Stellen sieht. Hauptsache er bekommt was er will.

    Top Artikel! ;)

    Antworten
  7. Tanja Handl
    schrieb am 26.05.2011 um 12:43 Uhr:

    Ein Artikel, der den Nagel auf dem Kopf trifft: Wenn ich zufriedene Kunden darstellen will, weshalb nicht einfach einen suchen?
    Bei den Mathefritz-Lernunterlagen finde ich allerdings, dass das Model eine gelungene Wahl ist. Hier fügt sie sich sehr gut in das Gesamtbild ein. Häufig liegt ja auch das Problem nicht darin, dass auffällige Models gewählt werden, sondern einfach einfallslose bis unpassende Motive. Bilderrecherche kostet schließlich neben Geld auch noch eines: Zeit. Und die muss man sich einfach nehmen, wenn man sich abheben will.

    Liebe Grüße,
    Tanja

    Antworten
  8. ShoeJoe
    schrieb am 26.05.2011 um 10:32 Uhr:

    Hi Jonas, wieder einmal ein klasse Artikel. Es ist wirklich immer wieder auffällig, dass deutsche Agenturen für Kundenprojekte auf typisch amerikanisches Stock-Material zurückgreifen – plakativer geht es kaum. Sonnige Grüße, Joe

    Antworten

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